Alten Brotschrank restaurieren – ein Familienmöbel bekommt ein neues Leben

Zuletzt aktualisiert: 1. November 2025

Manchmal stehen die schönsten Dinge direkt vor unserer Nase – wir sehen sie nur nicht.

Dieser Brotschrank begleitet unsere Familie seit über 40 Jahren. Meine Mutter hatte ihn damals auf einem Straßenflohmarkt in München entdeckt. Ein unscheinbarer, leicht verstaubter Schrank, wahrscheinlich ursprünglich von einem Bauernhof. Solche Brotschränke waren früher ganz normal: In der Tür ein kleines Lüftungsgitter, damit das Brot nicht schimmelt, innen ein Fach für Laib und Messer – praktisch und schlicht.

Über die Jahre wurde er zigmal genutzt, repariert, abgestellt, weitergeschoben. Und irgendwann stand er schließlich 20 Jahre im Keller – etwas angekratzt, mit Wachs ausgebessert, die Oberfläche fleckig und stumpf.

Aber jedes Mal, wenn wir daran vorbeigingen, dachten wir:

Wegwerfen können wir ihn nicht, dafür steckt zu viel Geschichte drin.“

Innenansicht des ursprünglichen Brotschranks – dunkles, unbehandeltes Fichtenholz mit deutlichen Gebrauchsspuren. Genau hier lag früher das Brot – luftig gelagert, damit es lange frisch blieb.

Und genau so entstand dieses Upcycling-Projekt – nicht geplant, sondern aus einem Gefühl heraus.

Ein Gefühl von: Lass uns ihm noch einmal eine Chance geben.

Inhaltsverzeichnis
  1. Warum dieser Schrank uns so viel bedeutet
  2. Brotschrank restaurieren – Anleitung
  3. Das Ergebnis – und warum es sich gelohnt hat
Außenansicht des Brotschranks im ursprünglichen Zustand – Fichte, über die Jahre nachgedunkelt, mit kleinen Reparaturspuren und Patina. So sah er aus, bevor wir mit der Restaurierung begonnen haben.

1. Warum dieser Schrank uns so viel bedeutet

Wenn man Möbel lange begleitet, verändert sich der Blick darauf.

Viele kleine Gebrauchsspuren zeigen, dass der Schrank über Jahrzehnte tatsächlich genutzt wurde. Die Tür wurde oft geöffnet, die Kanten hatten Kontakt mit Gegenständen, Oberflächen wurden beansprucht. Diese Spuren wirken heute charaktervoll und geben dem Möbelstück seine Authentizität.

Solche Möbel sind nicht perfekt, sie sind echte Zeitzeugen.

Auf der Oberseite wurden die Spalten und Risse besonders sichtbar. Hier zeigt sich das Alter des Holzes – und genau diese Stellen haben wir später sorgfältig ausgearbeitet und neu gefüllt.

2. Brotschrank restaurieren – Schritt-für-Schritt-Anleitung

Vorher-Nachher-Vergleich eines restaurierten Brotschranks: links dunkles Fichtenholz, rechts heller Brotschrank mit kalkweißer Lasur und goldenem Lüftungsgitter.
Vorher–Nachher im direkten Vergleich: Aus einem dunklen, schwer wirkenden Brotschrank wurde ein helles, leichtes Möbelstück – überarbeitet, aber mit seinen ursprünglichen Spuren und seiner Geschichte erhalten.

Schritt 1: Alte Wachs- und Füllstellen freilegen

Bei alten Bauernschränken wurde beim Reparieren viel improvisiert.

Risse wurden mit Wachs gestopft, kleine Löcher mit irgendetwas verfüllt, das gerade da war. Wenn du solch ein Möbelstück restaurierst, beginnt alles damit, altes und loses Material vollständig zu entfernen und die frühere Oberflächenbehandlung – also Lacke, Lasuren oder Wachs – abzutragen.

Mit einem kleinen Schraubenzieher lösen wir alte Wachs- und Füllreste aus den Rissen. So schaffen wir eine saubere Grundlage, damit die neuen Reparaturen dauerhaft halten.

Wir haben uns dafür etwas Zeit genommen:

  • Mit einem kleinen Schraubenzieher und einem Cutter alte Wachsreste herausgeholt
  • Alles entfernt, was nur lose oder instabil war

Das klingt unspektakulär, aber genau hier entscheidet sich, ob die spätere Oberfläche stabil wird oder wieder zu bröckeln beginnt. 😅

Schritt 2: Grobschliff – 60er Körnung

Im ersten Schritt haben wir die Oberfläche mit dem Schwingschleifer und einer 60er Körnung abgeschliffen – also bewusst recht grob, um die alte Schicht wirklich zu öffnen und das Holz wieder freizulegen.

Beim ersten Schleifdurchgang öffnen wir die alte Oberfläche mit grober Körnung. Dadurch tritt die natürliche Maserung der Fichte wieder hervor und das Holz kann neu behandelt werden.

Dabei passiert Folgendes:

  • Die alte Oberfläche wird geöffnet
  • Wachs- und Lackreste lösen sich
  • Die Maserung tritt wieder hervor

Bei alten Möbeln setzen Wachs und Lack das Schleifpapier schnell zu – wir mussten es mehrfach wechseln.

Detailaufnahme eines Schwingschleifers mit benutztem Schleifpapier
Beim Schleifen mussten wir das Schleifpapier mehrfach wechseln. Alte Lasuren und Wachsreste setzen das Papier schnell zu – Geduld lohnt sich hier für ein gleichmäßiges Schleifbild.

Je gleichmäßiger dieser erste Schleifgang ist, desto harmonischer wirkt später die Lasur.

Tipp: Atemschutz nicht vergessen

Beim Schleifen alter Möbel entsteht feiner Holzstaub (inkl. anderer Schadstoffe aus alten Lacken und Oberflächenbehandlungen), der tief in die Lunge gelangen kann. Wenn du in Innenräumen arbeitest, trage unbedingt eine Atemschutzmaske – idealerweise FFP2 oder FFP3. So schützt du dich zuverlässig vor Feinstaubbelastung.

Person beim Schleifen eines alten Holzschranks, mit Atemschutz und Gehörschutz
Beim Schleifen tragen wir Atemschutz – gerade bei alten Möbeln entsteht feiner Staub aus Holz und alten Beschichtungen, der tief in die Lunge gelangt. Sicherheit geht hier vor.

Schritt 3: Spalten/Fehlstellen mit Holzmehl und Leim verfüllen

Nach dem ersten Schleifgang wurden weitere feine Risse und Fugen sichtbar – bei alten Möbeln vollkommen normal. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, solche Stellen zu schließen, etwa mit Holzspachtel, Reparaturkitt oder Hartwachs (darüber wird in Fachforen ausgiebig diskutiert). Wir wollten jedoch eine schlichte und stimmige Lösung, die farblich genau zum Original passt und das Holz nicht verfremdet. Deshalb haben wir uns entschieden, die Fehlstellen mit einer Mischung aus Holzmehl und Holzleim aus dem Material selbst auszubessern.

Die mit Holzmehl angerührte Leim-Mischung wird frisch in die Spalten eingearbeitet. So füllen wir die Risse mit Material, das farblich und strukturell zum ursprünglichen Holz passt.

Deshalb haben wir:

  1. Beim Schleifen das Holzmehl aufgefangen
  2. Es mit Holzleim vermischt, bis eine cremige Paste entsteht
  3. Diese mit einem Spachtel dünn und sauber eingedrückt, genauer gesagt die Spalten verspachtelt.
Holzmehl und Holzleim werden in einer Mischschale zusammengegeben.
Holzmehl und Holzleim werden direkt im Mischbehälter miteinander kombiniert.
Nahaufnahme der cremigen Holzmehl-Leim-Mischung während des Anrührens
Durch das Verrühren entsteht eine pastenartige Masse, mit der sich Risse und Spalten natürlich ausfüllen lassen.

Das Tolle daran:

  • Die Füllung hat genau die Farbe des Schranks

Wir haben alles über Nacht trocknen lassen.

Am nächsten Tag waren größere Fugen leicht abgesackt – vollkommen normal. Also noch einmal dünn nachgespachtelt und wieder trocknen lassen.

Nach dem Aushärten wirken die verspachtelten Fugen geschlossen und stabil. Die Oberfläche ist jetzt bereit für den Feinschliff, bei dem alles plan und gleichmäßig gearbeitet wird.

Nimm dir die Zeit und lasse den Leim immer über Nacht komplett aushärten, damit die gekitteten Stellen später nicht wieder aufreißen.

Hinweis zur Holzmehl-Leim-Methode

In manchen Fachforen liest man, dass Holzmehl in Kombination mit Holzleim später keine Lasur oder Ölung richtig annimmt und die ausgebesserten Stellen unschön sichtbar bleiben.

Unsere Erfahrung: Bei unserem Brotschrank (Fichte) und einer kalkweißen Lasur sind die Füllstellen im finalen Ergebnis kaum bis gar nicht sichtbar – die Oberfläche wirkt harmonisch, die ausgebesserten Stellen fügen sich gut ins Gesamtbild ein.

Wenn du dir unsicher bist, empfehlen wir:

Mach vorab ein kleines Teststück.

Ein Restbrett oder ein versteckter Bereich am Möbel reicht völlig, um zu prüfen, wie sich die Lasur auf den gespachtelten Stellen verhält. So gehst du auf Nummer sicher, bevor du den ganzen Schrank bearbeitest.

Schritt 4: Feinschliff – 80er und 120er Körnung

Jetzt kam der schönste Moment: das Holz „wieder weich machen“.

Im zweiten Schleifgang wird der Schrank noch einmal komplett mit einem gröberen Schleifpapier bearbeitet. Wir haben dieses Mal eine 80er Körnung verwendet. Jetzt geht es vor allem darum, die ausgebesserten Stellen und den Leimüberschuss plan zu schleifen.

Im letzten Schleifgang nehmen wir eine 120er Körnung, damit eine samtige Oberfläche entsteht.

Schritt 5: Lasur in Kalkweiß – moderne Optik

Wir wussten: Wir möchten die Maserung sichtbar lassen, aber die gelbliche Fichtenfarbe soll verschwinden.

Deshalb haben wir uns für eine kalkweiß pigmentierte Holzlasur entschieden.

Holzfläche Fichte, halbsseitig weiß lasiert
Rechts unbehandelt, links mit kalkweißer Lasur: Gut zu sehen, wie die Lasur den gelblichen Fichtenton beruhigt, ohne die natürliche Maserung zu verdecken.

Auftragen der Holzlasur:

  • Dünn mit der Lackwalze auf großen Flächen
  • Pinsel für Ecken und Kanten
  • 2 Schichten, dazwischen mindestens 12 Stunden Trocknungszeit

Je nach gewünschtem Effekt kannst du:

  • 1 bis 2 Schichten auftragen → Holz bleibt warm und sichtbar
  • 3+ Schichten → sehr hell, fast skandinavisch weiß
Kalkweiße Holzlasur wird mit einer Lackwalze dünn aufgetragen.
Die kalkweiße Lasur tragen wir mit einer Lackwalze dünn und gleichmäßig auf. So bleibt die Maserung sichtbar, während der Farbton des Holzes ruhiger und heller wird.

Wir haben uns für zwei Lasurschichten entschieden: helle, ruhige Oberfläche – aber die Maserung bleibt erkennbar.

Weiß lasierte Oberfläche
Detail der finalen Oberfläche: Die kalkweiße Lasur wirkt hell und ruhig, während die natürliche Maserung des Fichtenholzes weiterhin klar erkennbar bleibt.

Schritt 6: Das Highlight – Lüftungsgitter in Gold matt

Das runde Lüftungsgitter bildet den charakteristischen Mittelpunkt des Schranks. Es zeigt noch heute seine ursprüngliche Funktion als Brotschrank.

Das runde Lüftungsgitter des Brotschranks wird vor dem Lackieren sorgfältig abgeklebt.
Das runde Lüftungsgitter wird sorgfältig abgeklebt, damit die umliegende Fläche geschützt bleibt und der spätere Farbakzent sauber zur Geltung kommt.

Und genau deshalb wollten wir es bewusst betonen.

  • Fläche drumherum sorgfältig abgeklebt
  • Mit Isopropanol entfettet
  • Gold matt Sprühlack aufgesprüht, ganz dünn, in zwei feinen Schichten
Vorher-Nachher-Vergleich des Lüftungsgitters nach dem Trocknen des matten Goldlacks.
Vorher–Nachher beim Lüftungsgitter: Links frisch lackiert und noch glänzend, rechts nach dem Trocknen in einem ruhigen, edel matten Goldton – ein kleiner Akzent, der den Schrank deutlich aufwertet.

Dieser kleine Akzent verändert die gesamte Wirkung. Schwarz matt stand auch zur Diskussion, eventuell für alle eine Option, denen Gold zu dominant wirkt. 😆

3. Das Ergebnis – und warum es sich gelohnt hat

Der Schrank steht heute wieder bei uns im Wohnzimmer. Nicht als Dekostück, sondern als Teil unserer Geschichte. Er ist heller geworden – leichter, moderner. Aber die Spuren der Zeit, die Risse, die Kanten – sie dürfen bleiben. Sie erzählen von Menschen, die ihn genutzt haben. Von Brot, das darin lag. Von Händen, die darüber gestrichen haben. Und genau das macht ihn so wertvoll!

Restaurierter Brotschrank mit kalkweißer Lasur und goldenem Lüftungsgitter, dekoriert mit Pflanze, Bild und Kerzen im Wohnzimmer.
Das fertige Ergebnis: Der Brotschrank steht wieder im Wohnzimmer – hell, ruhig und mit seiner Geschichte sichtbar. Ein altes Familienmöbel, das jetzt wieder Raum und Aufmerksamkeit bekommt.

Upcycling ist nicht nur Handwerk.

Es ist eine Geste des Bewahrens.

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